Aus dem Kurs: Psychologisch geschickt und überzeugend präsentieren

Ein fremdes Publikum überzeugen

Die Reihenfolge: erstens Bedürfnisse, zweitens Nutzen, drittens Offenheit, viertens Glaubwürdigkeit und fünftens Selbstbestätigung ist gut geeignet, wenn das Publikum Sie bereits kennt. Wenn das Publikum und Sie einander noch nicht kennen, ist die Reihenfolge etwas anders. Versetzen Sie sich bitte kurz in eine Situation, in der Sie einen Ihnen vollkommen unbekannten Redner erlebt haben. Was ist Ihnen da durch den Kopf gegangen? Ja, leider ist Ihnen nicht alles bewusst, was Ihnen durch den Kopf gegangen ist, denn viele dieser Checks laufen unbewusst ab, so wie vieles, was wir denken und tun, unbewusst ist und trotzdem so wichtig. Doch es sind eine Menge Checklisten, die Sie da unwillkürlich durchgehen. Zunächst haben Sie eine Beurteilung des Redners vorgenommen, ein erster Eindruck, eine Abschätzung, ob er langweilig oder spannend, ob Blender oder kompetent, ob trocken oder lustig, ob unangenehm oder sympathisch und so weiter. Da läuft das ganze Programm ab. In Bruchteilen einer Sekunde wissen Sie schon eine Menge über den Redner. Sie mischen Beobachtungen, aus denen Sie diverse Schlüsse ziehen, vergleichen mit bekannten Personen und Vorurteilen, beziehen Geschlecht, Herkunft, Kleidung und vieles mehr mit ein, auch dann, wenn Sie sich dessen gar nicht bewusst sind oder wenn Sie es eigentlich nicht wollen, weil ja das nur oberflächliche Äußerlichkeiten sind. Na ja. Und dieses unmittelbar entstandene Bild versuchen Sie weiterhin zu komplettieren und zu bestätigen. Zum einen haben Studien gezeigt, dass wir mit dem ersten Eindruck zu 84 Prozent richtig liegen. Das heißt, Testpersonen haben aus einer Liste von Charaktereigenschaften zu 84 Prozent die richtigen angekreuzt und das, obwohl sie nur 150 Millisekunden lang ein Foto der Person gezeigt bekamen. 150 Millisekunden, das ist gerade mal ei, mehr nicht. Und 84 Prozent ist eine Menge. Weitere Studien haben gezeigt, dass wir diese Einschätzung kaum ändern. Selbst bei Fehlern suchen wir eher Bestätigung für unsere Einschätzung, als dass wir bereit wären, unsere Meinung zu ändern. Und dass wir diese Meinung meist sehr lange beibehalten, wurde ebenfalls mehrfach belegt, auch wenn es vereinzelt immer Ausnahmen gibt, das kennen Sie selbst auch. Das ist es auch, was die Reihenfolge bestimmt bei Publikum, das Sie noch nicht kennt. Erstens: erster Eindruck. Das beginnt womöglich mit dem Foto und der Beschreibung im Programmheft, doch spätestens in dem Moment, bei dem Sie die Bühne betreten. Das sind Ihr Aussehen, Ihre Körpersprache und Ihre Dynamik. Der Großteil Ihres Ethos wird hier bereits festgelegt. Zweitens: Vertrauen aufbauen. Das Ziel von Ethos ist es, Vertrauen aufzubauen. Dazu gehört neben Kompetenz belegen vor allem Sympathie. Denn Sympathie erhöht die Glaubwürdigkeit und das erzeugt Offenheit. Das hat nicht immer mit logischen Zusammenhängen und Abläufen zu tun. Hier geht es vorrangig um Gefühle. Drittens: Bedürfnisse wecken. Jetzt erst werden Bedürfnisse und dadurch Interesse geweckt, was im vorherigen Beispiel an erster Stelle stand. Viertens: Nutzen aufzeigen. Und entsprechend folgt nun auch der Nutzen analog zum vorherigen Beispiel. Fünftens: Begeisterung transportieren. Nun ist es Ihre Aufgabe als Präsentator, Begeisterung für Ihre Aussagen zu erzeugen. Jetzt geht es also wieder um Emotionen, darum, Offenheit zu erzeugen und Ihr Publikum im besten Falle mitzureißen. Sechstens: Selbstbestätigung liefern, um schließlich wieder einen Weg vorzugeben, den der Zuhörer bei einem möglichen Meinungswandel vor sich selbst und vor anderen rechtfertigen und mitgehen kann, ein Weg, der möglichst emotional, nutzenorientiert und bildhaft ist. Im Wesentlichen ist der vierte Punkt aus der ersten Variante nach vorne gerutscht und wird dort ausgebaut, wenn Ihr Publikum Sie noch nicht kennt. Und wie ist das, wenn ein Teil des Publikums Sie noch nicht kennt, der andere aber schon? Dann gilt diese zweite Variante, denn immer dann, wenn mindestens eine relevante Person im Publikum Sie nicht kennt -- bei sehr großem Publikum mehr als 10 Prozent Sie nicht kennen --, sollten Sie sich zunächst um Ihr Image und damit Ihre Glaubwürdigkeit kümmern.

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